REGIONALINITIATIVEN WAGINGER SEE - RUPERTIWINKEL - Ja zur Ökomodellregion
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Ja zur Ökomodellregion

Der Gemeinderat Kirchanschöring bleibt für weitere drei Jahre in Bio-Verbund

Ein Bericht von Anneliese Caruso erschienen in der Südostbayerischen Rundschau vom 7.02.2019, Foto: Daniel Delang, Ökomodellregion

Kirchanschöring. In der jüngsten Gemeinderatssitzung verständigte sich das Ratsgremium darauf, dass Kirchanschöring drei weitere Jahre Teil der Öko-Modellregion Waginger See-Rupertiwinkel bleibt. Die Verlängerung gilt für die Jahre 2019 bis Anfang 2022. Solange ist auch die Finanzierung durch den Freistaat Bayern gesichert. Der Freistaat hat in dieser Modellregion die Personal- und Arbeitsplatzkosten bislang bis zu 75 Prozent getragen. Die Förderung ab dem kommenden Mai verläuft hingegen degressiv und sinkt jährlich von 60 Prozent im ersten auf 40 Prozent im zweiten und 20 Prozent im dritten Jahr. Für 2019 muss Kirchanschöring rund 5.411 Euro, im Jahr darauf 6.077 Euro und dann 6.582 Euro dafür aufwenden. Die überschaubare Steigerung liegt daran, dass sowohl die Arbeitszeit der Projektmanagerin als auch die der Teilzeitbeschäftigten bis Ende des Förderzeitraums etwas sinkt. „Über eine über das Jahr 2022 hinausgehende Projektlaufzeit wird zu gegebener Zeit entschieden“, sagte Bürgermeister Hans-Jörg Birner.

Beschluss mit einer Gegenstimme gefasst
Dieser Beschluss wurde mehrheitlich und mit der Gegenstimme von Andreas Albanbauer gefasst. Die überwiegende Mehrheit zeigte sich also überzeugt von den Vorteilen, die sich durch den Verbleib in der staatlich anerkannten Öko-Modellregion ergeben.

Viel sei seit dem Startschuss 2014 bewegt worden, sagte Bürgermeister Birner, der zugleich Vorsitzender der Öko-Modellregion ist. Er betonte, dass es Gründungsziel aller Öko-Modellregionen ist, den Anteil der Bio-Betriebe deutlich zu erhöhen. „Das bleibt auch weiterhin unser Ziel.“ Seit Projektbeginn sei die Zahl der Ökobetriebe in der Region von rund sieben auf etwa zwölf Prozent gestiegen, was vor allem Marlene Berger- Stöckl zu verdanken sei. „Mit ihr steht eine überaus engagierte Projektmanagerin an der Spitze, die ihren Job mit großer Kompetenz und Leidenschaft betreibt.“ Letztlich gehe es um den Erhalt landwirtschaftlicher Betriebe, auch der Nebenerwerbsbetriebe. Einer der möglichen Wege, dies zu erreichen, sei die Umstellung auf Bio, weil Bio über faire Preise für besonders umweltgerecht erzeugte Produkte für viele Höfe eine Zukunftschance sei. „Allerdings bremst uns dabei der seit 2016 stark begrenzte Biomilch-Markt aus, sonst wären wir schon viel weiter.“

Stets sei man auf der Suche nach geeigneten Absatzmöglichkeiten, die es zu stärken oder neu zu schaffen gelte. Ohne positive und überzeugende Öffentlichkeitsarbeit, die zur Sicherung der Wertschöpfung in der Landwirtschaft beiträgt, gelinge dies kaum.

Überdies müsse man viele Partner wie etwa Organisationen aus landwirtschaftlichen und Umweltbereichen miteinbeziehen und Brücken zu konventionell arbeitenden Landwirten bauen, um ein gutes Miteinander zu erreichen. “Neben der Steigerung der Biobetriebe haben wir deshalb von Anfang an auch das Ziel verfolgt, die Landnutzung insgesamt ökologischer zu gestalten.“ Die Trägergemeinden hätten sich dabei mit Eigenverpflichtungen glaubhaft an die Spitze gestellt. „Als Beleg für die erfolgreiche Arbeit der Öko-Modellregion werten wir auch die Tatsache, dass sich seit 2016 nachträglich drei weitere Gemeinden aus dem Berchtesgadener Land angeschlossen haben“, sagte Birner und listete eine Vielzahl von Projekten samt den einzelnen Stufen der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette auf, die sich auf die weiten Themenfelder, Öko-Ackerbau mit Biogetreide und Ölsaaten, Biofleisch und Biomilch sowie Ernährungsbildung, Streuobst und Artenschutz, ökologische Belange in den Gemeinden, touristische Chancen für die Region, Vernetzung von Lebensräumen, ökologisches Pflegemanagement, Arbeitskreis Eiweiß, mit dem der Import von Soja durch heimisches Eiweißfutter ersetzt werden solle, standortgemäße Grünlandbewirtschaftung und die Kooperation mit dem AELF Traunstein (zum Gewässerschutz) und mit den Schulen beziehen.

Beispielsweise ist es in der Sparte des ökologischen Ackerbaus gelungen, etwa 14 Landwirte zu bewegen, Biobraugerste anzubauen. Zur Abnahme habe man die Schlossbrauerei Stein schon im Jahr 2015 gewinnen können, die auch einen fairen Preis bezahle. Da das Getreide bis zur Verarbeitung ja auch irgendwo korrekt lagern muss, damit es seine Qualität behält, kümmerte man sich um ein Gemeinschaftslager, das man in der Mussenmühle gefunden hat, die auch entsprechend ausgestattet werden musste. Dort wird neben Biobraugerste auch weiteres Biogetreide für alle an der Kooperation beteiligten Biolandwirte gelagert, gereinigt, getrocknet, gebündelt und in großen Partien schnell geliefert. „Unseres Wissens sind wir die erste Region, die ein derartiges Gemeinschaftslager einrichten konnte, was nur durch die gute Zusammenarbeit der Brauerei mit der Mühlenbesitzerfamilie möglich war.“ Es sei vorgesehen, auch andere Biogetreidesorten und Bioölsaaten dort reinigen zu lassen. „Die Nachfrage ist da.“ Daher wolle die Öko-Modellregion weitere Lagerkapazitäten schaffen.

Ähnlich gut entwickeln sich auch die Segmente regionales Biofleisch und regionaler Biokäse

„Wie sich unschwer erkennen lässt, bleibt auch ein konventionell arbeitender Landwirt nicht auf der Strecke.“ Die Öko-Modellregion betreibe intensive Öffentlichkeitsarbeit, die sowohl die Bürgerbeteiligung als auch die verschiedenen Arbeitsgruppen und Partner wie LVÖ, BBV und AELF Traunstein, LPV, BN, Tourismusverbände, Partnerinitiativen und die Mitgliedsgemeinden selbst umfasse. Zwischen 180 und 200 Artikel über sämtliche Aktionen seien im Laufe der letzten vier Jahre in den Medien veröffentlicht worden. Diese intensive Form sei nur möglich, weil man bei den Projekten thematisch breit gefächert sei.

2019 wäre die Förderung des Projektmanagements ausgelaufen, aber die Bayerische Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Michaela Kaniber, hat sie nochmals um drei Jahre mit einer jährlich sinkenden Förderung verlängert, verbunden mit dem Wunsch, dass die Öko-Modellregionen anschließend über die beteiligten Gemeinden verstetigt werden sollen. Das heißt, dass dann 2022 wieder alle Mitgliedsgemeinden darüber abstimmen müssen, ob und wie es mit dem Verbund weitergehen soll.

Ratsmitglied spricht sich für Ausstieg aus
Wie die Abstimmungen in den betroffenen Gemeinden in den letzten Tagen gezeigt haben, wird der Verbleib in den zehn Mitgliedsgemeinden kontrovers diskutiert. In Kirchanschöring sprach sich Ratsmitglied Andreas Albanbauer für einen Ausstieg aus. „Mit fünf anerkannten Öko-Modellregionen hat Bayern einst angefangen, mittlerweile sind es zwölf, wovon der Markt allerdings nichts spürt.“ Er habe damals zugestimmt, weil er sich davon mehr versprochen habe. Die Ansätze der Okö-Modellregion Rupertiwinkel richteten sich zu sehr auf den Öko-Ackerbau; die Gegend hier sei aber viel zu klein strukturiert. Durch die Öffentlichkeitsarbeit entstehe der Eindruck, nur „Bio“ sei gut, was konventionelle Landwirte in ein schlechtes Licht rücke.

Bürgermeister Birner betonte hingegen: „Es war ein guter Auftrag vom Ministerium, 20 Prozent Biobetriebe zu fordern.“ Er wehrte sich aber vehement gegen die Behauptung, man spiele Bio gegen Konventionell aus. „Alle haben ihren Platz in der Öko-Modellregion.“

Gemeinderat Dr. Michael Hüller vertrat hingegen die Ansicht, dass man die Arbeitsstunden von Berger-Stöckl, die bisher nur sehr gute Arbeit gemacht habe, eher aufstocken sollte. Denn der Klimawandel werde extreme Auswirkungen auf die Landwirtschaft haben, die bislang zu hundert Prozent am Subventionstopf hänge. „In der Form, wie wir diese heute betreiben, wird es sie in fünfzig Jahren nicht mehr geben“. Daher solle man den Verbund eher ausbauen als zurückfahren.

2. Bürgermeister Franz Portenkirchner machte deutlich, dass die Modellregion nur als Anstoß zu werten sei, dass man etwas anders machen sollte. Nach einer gewissen Zeit müsste der Verbund ein Selbstläufer sein, der auch ohne Managerin auskomme.

Schließlich fasste der Gemeinderat den Mehrheitsbeschluss, im Verbund zu bleiben.

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