Der Öko-Milchmarkt Anfang 2019

Gastartikel von Naturland-Fachberater Stephan Scholz vom April 2019

Allgemeine Marktentwicklungen

Der Umsatz mit Ökoprodukten steigt weiter und zwar weltweit. Deutschland war im Jahr 2017 mit über 10 Mrd. € der größte Binnenmarkt in Europa. Das Marktvolumen in den USA betrug pro Jahr 40 Mrd. €. Trotz dieser guten Entwicklung hat Deutschland bei 5,3 % Marktanteil noch viel Luft nach oben. In den beiden führenden Ökoländern Österreich (12%) und Dänemark (13,3%) werden knapp 200 bzw. 280 € pro Kopf im Jahr für Ökolebensmittel ausgegeben. Deutschland liegt mit 120 € im guten Mittelfeld, aber weit über dem EU Durchschnitt, der gerade mal auf 69 € kommt.

b_150_100_16777215_00_images_BILDER_Oekomodellregion_Oekomodellregion_Biomilchkse.jpgStephan Scholz, Naturland-Fachberater, Autor des Gastartikels, betreibt nebenher eine mobile Käserei und verkäst Biomilch ab Hof von derzeit 6 Landwirten aus der Ökomodellregion. Foto: Daniel Delang.

Rückblick auf das Jahr 2018

Auch das Jahr 2018 war wieder mit annähernd 10 % Nachfragewachstum ein sehr erfolgreiches. Bei Milch und Milchprodukten schwanken die Anteile der Ökoprodukte zwischen 2,8 % (Käse) und 8,7 % (Milch). Neben der Öko-Milch ist es v.a. Öko-Joghurt, der überproportional vertreten ist. Die Butter hat im Jahr 2018 einen Absatzdämpfer bekommen und ist im Vergleich zum Vorjahr 2017 sogar um 3 % Mengenanteile zurück gegangen. Der Trend hält aber insgesamt positiv an. Mittlerweile liegt der Anteil der in Deutschland produzierten Milch aus ökologischer Landwirtschaft bei 3,5 %, die der Milchviehbetriebe bei 5,5 %.

Im Handel geht die Entwicklung weiter in Richtung Absatzwege im LEH und bei Discountern, die die größten Umsatzsteigerungen verzeichnet haben. Hier gilt es v.a. den Einsatz deutscher Milch zu verstärken, weswegen starke Kooperationen wie die von Naturland mit Rewe wichtig sind. Neben der Mengenentwicklung müssen wir dabei v.a. die Sicherung stabiler Preise im Blick haben. Ob das bei jeder Kooperation v.a. mit Discountern (Bioland-Lidl, Kaufland-Demeter) langfristig gelingen kann, wird die Zukunft zeigen.

Der Ökomilchmarkt ist allerdings weiter auf ausländische Importmilch (v.a. aus Dänemark und Österreich) angewiesen, weil die Inlandsproduktion, die 2018 auf 1,1 Mrd. kg angestiegen ist, nach Abzug der 150 – 200 Mio kg Milch-äquivalenter Exportware, immer noch 250 – 300 Mio. kg aufnehmen muss, um die Nachfragesteigerungen befriedigen zu können. Das wäre an sich kein Problem für den Markt, käme die Milch nicht aus Ländern, wo der Milchpreis immer, in manchen Jahren deutlich (bis zu 5 Cent) unter dem deutschen Niveau liegt. Dadurch existiert ein direkter Preisdruck für die Molkereien mit Handelswarenprodukten und ein indirekter Preisdruck für alle.

b_150_100_16777215_00_images_BILDER_Oekomodellregion_Oekomodellregion_Biomilchkse1.jpgAbb. 1: eigene Darstellung auf Grundlage eigene Erhebungen und statistische Daten der AMI. Abbildung 1 zeigt die Jahresdurchschnittspreise konventionell und ökologisch seit 2013 in €Cent/kg. Der daraus sich ergebende Ökozuschlag lag in den letzten 5 Jahren im Mittel bei 14,6 Cent.

Die Auszahlungspreise der deutschen Öko-Molkereien wurden im März mit dem Milchinfobrief an unsere Milchbauern versendet und stehen ab 1.4.19 auch auf https://www.naturland.de/de/erzeuger/betriebszweige/rinderhaltung/milchviehhaltung. Daraus geht hervor, dass die Preise trotz seit Ende 2017 angespannter Mengensituation und der niedrigpreisigen Importware weitgehend stabil auf relativ hohem Niveau geblieben sind.

Die Mengenentwicklung der deutschen Ökomilch über die letzten 10 Jahre geht aus Abb. 2 hervor. In diesem Zeitraum hat sich die Inlandsproduktion mehr als verdoppelt. Nach 5 Jahren annähernder Stagnation zwischen 2011 und 2015 gab es v.a. in den letzten zwei Jahren mit jeweils ca. 150 Mio. kg gewaltige Wachstumssprünge, die bei der ca. doppelten Menge der jährlichen Nachfragesteigerung lagen.

b_150_100_16777215_00_images_BILDER_Oekomodellregion_Oekomodellregion_Biomilchkse2.jpgAbb. 2: eigene Darstellung auf Grundlage der AMI Zahlen

Dass bei derartigen Zuwächsen auf der Angebotsseite die Preise relativ stabil geblieben sind, hat mit mehreren Faktoren zu tun. Ein sicher entscheidender war die Sommertrockenheit 2018, die in allen „Ökomilchländern“ ab Mitte des Jahres zu einem Rückgang der Milchanlieferung teilweise unter das Vorjahresniveau geführt hatte. Was für die Milchbauern in den stark betroffenen Regionen zu starken Einkommenseibussen wegen reduzierter Anlieferung und Tiernotverkäufen geführt hatte, war für die gesamte Branche bzw. deren Preisstabilität ein glücklicher Umstand, der auch den betroffenen Bauern geholfen hat, dass ihre Einkommensdefizite nicht noch höher ausgefallen sind.

b_150_100_16777215_00_images_BILDER_Oekomodellregion_Oekomodellregion_Biomilchkse3.jpgAbb. 3: AMI – Ökomilch Anlieferungsmengen im Jahresverlauf 2018

In den drei hier dargestellten für den deutschen Ökomarkt relevanten Ländern ergab sich am Jahresende folgende Mehranlieferung gegenüber 2017:  

Deutschland   ca.+ 20 %
Österreich     ca.+ 10 %
Dänemark     ca.+ 25 %

Ausblick auf 2019

Wie aus Abbildung 4 hervorgeht, gibt es deutlich mehr Preis stärkende als senkende Faktoren. Wie stark der Druck am Ende ausfallen wird, hängt auch sehr stark davon ab, wann die Anlieferungsmengen wieder über das Vorjahresniveau ansteigen werden.
Abb. 4: eigene Darstellung

Mengenzurückhaltung seitens der Lieferanten könnte den Druck für 2019 niedrig halten. Der aktuell immer noch bestehende Angebotsüberhang muss aber nicht zu sinkenden Preisen führen. Nahezu alle Molkereien haben weiterhin einen externen Aufnahmestopp, so dass sich die Mengenlage bei weiterhin erwartetem, konstantem Nachfragewachstum bereits 2020 umkehren könnte. Das größte und preiswirksame Problem ist nach wie vor die ökologische Magermilchverwertung. Der größte Teil der ökologischen Magermilch geht in den konventionellen Markt. Molkereien, die viel Magermilch produzieren, sind damit in ihrer Mischkalkulation vom konventionellen Preisgeschehen abhängig.

Der konventionelle Milchmarkt war 2018 durch relativ stabile Entwicklungen gekennzeichnet, wenn-gleich der Durchschnittspreis um 1,8 Cent (doppelt so hoch wie ökologisch) auf 34,3 Cent (Top Agrar) gesunken ist. Die Jahresdurchschnittspreise lagen zwischen 31 und über 37 Cent (Stand 12.18 ohne Nachzahlungen). Auch in den konventionellen Betrieben hat sich die Trockenheit bemerkbar gemacht, was zu einer über 2 %igen Minderanlieferung geführt hat. Einige Spotmilchmärkte in der EU haben Preise deutlich über 30 Cent. Die EU Butterpreise lagen Anfang 2019 auf Vorjahresniveau. Die konventionellen Pulvermärkte waren zum Jahresende relativ stark aufgebraucht – nicht zuletzt durch andauernde Importe Chinas –, wodurch sich das Preisniveau in Deutschland in Richtung 20 €/dt entwickelte.

Auf dem Weltmilchmarkt ist das Bild uneinheitlich. Während in den USA die Mengen über dem Vorjahr liegen, herrschen in Südamerika, Australien und Neuseeland teilweise extreme Dürre-bedingte Minderproduktion. Mittelfristig sollte das den konventionellen Preis stabil halten, was sich über den Absatzmarkt bzw. die Verbraucherpreise auch indirekt auf die Ökopreise auswirkt.

Ökonomie der ökologisch wirtschaftenden Milchviehbetriebe

Für Bayern, wo mehr als 50 % der deutschen Ökomilch produziert wird, gibt es seit Jahren die betriebswirtschaftlichen Vergleichszahlen zu konventionellen Betrieben über die Buchführungsauswertungen der LfL. Die aktuell frischen Zahlen aus dem Jahr 2017/18 ließen jetzt einen Achtjahresrückblick zu. Die langjährigen Erkenntnisse daraus sind:

  • Nicht alle Jahre sind gleich – es gibt auch Jahre mit geringen, gegen 0 tendierenden Gewinnunterschieden.
  • Im langjährigen Mittel erwirtschaften ökologisch wirtschaftende Haupterwerbsbetriebe
    mehr als 10.000 € Mehrgewinn pro Jahr gegenüber der konventionellen Bewirtschaftung
  • Die Umstellung lohnt sich für die kleineren Betriebe stärker als für die größeren.

Für den Rest von Deutschland liegen derart differenzierte Zahlen leider nicht vor. Eine langjährige Betrachtung des Thünen Institutes mit Daten aus Niedersachsen und den Ostländern weist ebenfalls einen ökonomischen Vorteil für ökologisch wirtschaftende Milchviehbetriebe aus. Ob eine Umstellung sinnvoll ist oder nicht, hängt aber sehr stark von Standort und individuellen betrieblichen Bedingungen ab und sollte vor einer Umstellung weitreichend geprüft werden.   

 

Näheres zur Ökonomie siehe auch https://www.naturland.de/de/erzeuger/betriebszweige/rinderhaltung/milchviehhaltung

 

Für die Naturland Fachberatung:

Stephan Scholz

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