Einige Gasthöfe und Gemeinschaftseinrichtungen beziehen bereits Biolebensmittel aus der Region und fördern damit bäuerliche Betriebe mit aktivem Umwelt-, Tier- und Artenschutz. Bio wird als Ausweis hoher Qualität wahrgenommen, zunehmend nachgefragt und bietet Chancen, neue Gäste anzusprechen. Wann darf ich Bio auf die Speisekarte schreiben oder damit werben? Muss ich mich (teil-)zertifizieren lassen, wie geht das? Mit der Veranstaltung „Bio(teil)zertifizierung für Gastronomie und Küche“ informierte die Ökomodellregion (ÖMR) mit den beiden Referenten Günther Erhard (Manager der Ökomodellregion Steinwald, ausgebildeter Koch) und Florian Fischer (Mitarbeiter der Biokontrollstelle Lacon) zu diesen Themen.
Hier ein Bericht von Hans Eder:
Waging am See. „Bio“ ist im Kommen. Das sagte Referent Günther Erhardt bei einer Infoveranstaltung zum Thema „Bio(teil)zertifizierung für Gastronomie und Küche“, und das bewies der gute Besuch des Nachmittags. An die 40 Interessierte waren dazu am Donnerstag in die Tourist-Info in Waging gekommen – Gastronomen, die hier besonders angesprochen waren, aber auch viele Produzenten aus der Region, die ihre biologischen Erzeugnisse direkt vermarkten.
Erhardt, gelernter Koch, Touristiker und Projektmanager bei der oberpfälzischen Ökomodellregion Steinwald, gab seinen Zuhörern Tipps, was man beachten sollte, wenn man in seinem Gasthaus biologische Produkte anbieten und die dafür zwingend erforderliche Zertifizierung erwerben möchte. In seiner Einführung umwarb er die Gastronomen mit der Feststellung, mit „Bio“ könnten sie ihrem Angebot „noch eins draufsetzen“, „Bio“ entspreche dem heutigen Lebensgefühl und sei als „reiner Genuss zu verkaufen“. Gerade in den Städten gebe es genügend vor allem junge, gut ausgebildete und bezahlte Leute, die gern bereit seien, mehr Geld für Bio-Produkte auszugeben. Auch wenn es natürlich viele Menschen gebe, die das nicht könnten oder wollten: „Der Markt wächst trotzdem; der Trend geht zu Bio und regional.“
Das gute Image biologischer Nahrungsmittel liege daran, dass man sich dabei auf gewisse Voraussetzungen verlassen könne: Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutz- und Düngemittel, artgerechte Tierhaltung, Schutz von Boden und Grundwasser, Verarbeitung vor Ort, Wertschöpfung bleibt in der Region. Wenn also jemand seine Speisekarte mit „Bio“ aufwerten wolle, empfahl Erhardt als einen der ersten Schritte, mit der Ökomodellregion Kontakt aufzunehmen: „Warten Sie nicht zu lange! Die Umstellung sollte unbedingt angegangen werden, solange die Ökomodellregion läuft.“ Denn hier bekomme man alle notwendigen Informationen.
Für den Anfang riet Erhardt zur Zertifizierung über das Bio-Siegel. Mit einer Zertifizierung über die Bio-Verbände sollte man zunächst noch warten; die sei deutlich komplizierter. In seinem Zehn-Punkte-Programm für den Einstieg in die Öko-Schiene stehen folgende Anregungen: unbedingt zunächst das Gespräch mit der Familie, den Mitarbeitern, im Zweifelsfall auch mit der Bank suchen; die notwendigen Infos einholen und die Verfügbarkeit von Bioprodukten in der Region prüfen; sich die geeignete Kontrollfirma aussuchen, die dann in der Regel einmal im Jahr den Betrieb besuchen und auf Herz und Nieren prüfen muss. Dann müssen noch die geeigneten Gerichte für die Speisekarte kreiert werden und die entsprechende Werbung folgen. Was die Versorgung mit Bioprodukten anbetreffe, müsse man sich keine Sorgen machen: Zumindest über die vorhandenen Vollsortimenter „kriegt man, was man will“.
Für den Einstieg empfahl Erhardt, klein anzufangen, sich zunächst auf ganzjährig verfügbare Produkte zu beschränken. Es können ja auch nur ganz kleine Bereiche innerhalb einer Gastronomie zertifiziert werden: seien es zum Beispiel Salate, Biokartoffeln oder Bio-Rindfleisch. Alles Übrige kann weiterhin aus konventioneller Produktion stammen. Man müsse halt bei der Lagerung und Zubereitung strikt darauf achten, dass biologisch und konventionell Erzeugtes sich nicht miteinander vermische.
Und natürlich waren auch die Preise ein Thema. Erhardt hatte eine Beispielsrechnung aufgestellt, der zufolge der Wareneinsatz für Bioprodukte um etwa 20 Prozent höher sei als bei konventionell erzeugten Produkten. Dem widersprach zunächst Biobauer Franz Obermeyer aus Tengling: Diese 20 Prozent, so meinte er, seien vielleicht dann realistisch, wenn beispielsweise Gemeinschaftsküchen in großen Mengen einkaufen, für kleine Abnehmer eher nicht. Auch Biobauer Hans Glück aus Tittmoning stellte fest, dass ihm 20 Prozent mehr bei seiner Fleischproduktion zur Kostendeckung nicht reichen würde. Schorsch Planthaler, Biobauer aus Anger, hält ein Plus von 20 Prozent ebenfalls für etwas knapp. Er fügte allerdings an, dass man diesen Preisberechnungen positiv mit einkalkulieren könne, dass Bioprodukte – seien es Champignons, Schweinebraten oder Gemüse – deutlich weniger Schwund hätten. Oder wie Ökomodellregion-Managerin Marlene Berger-Stöckl zusammenfasste: „Bei Biofleisch bleibt mehr in der Pfanne.“
Florian Fischer ist Mitarbeiter der Firma Lacon mit Sitz in Passau, eine von seinen Angaben zufolge 17 Firmen, die als Kontrollstellen für Bio-Betriebe zugelassen sind. Er schilderte in vielen Details die Vorschriften, die man beachten muss, betonte aber ebenfalls, dass „ein sanfter Einstieg“ – also die Beschränkung auf einige wenige Produkte oder Speisen – nicht nur möglich, sondern auch empfohlen sei.
Nach diesen Vorträgen stellten sich Produzenten und Direktvermarkter aus der Region vor: Biohof Lecker aus Laufen (Ökokiste), Bioziegenhof Obermaier aus Fridolfing, Franz Obermeyer aus Tengling (Getreide, Hülsenfrüchte, Kartoffeln), Hans Koch aus Teisendorf (Kalbfleisch), Maria Frisch aus Wonneberg (Käse), Leonhard Martl aus Kastl (Kartoffeln), Sebastian Kettenberger (Geflügel), Andreas Maier (Eier) und Hans Glück (Fleisch, Gemüse, Eier, Getreide), alle aus Tittmoning, Schorsch Planthaler aus Anger und nicht zuletzt die beiden Preisträgerinnen von „Bayerns beste Bioprodukte“, Julia Reimann von Chiemgau-Korn aus Trostberg (Getreide, Öle) und Jessica Linner aus Tettenhausen (Flaschlbrot). Von Gastronomieseite waren unter anderem vertreten: Unterwirt und Naschmarkt Fridolfing, Oberwirt Otting, Wellnessgarten Waging, Burgcafé Tittmoning, Eichenhof, Landhaus Tanner und die folgenden Einrichtungen: die Salzachklinik Fridolfing, die Seniorenheime Waging und Surheim, sowie die Pausenverköstigung am Rottmayr Gymnasium in Laufen. So konnte Marlene Berger-Stöckl mit dem Besuch sehr zufrieden sein und hoffen, dass die Ökomodellregion auf ihrem Weg weiter vorankommt: Nach und nach Gaststätten oder Gemeinschaftsküchen dazu zu bringen, dass sie bei ihrem Einkauf immer mehr Bio- oder regionale Produkte mit berücksichtigen.
Eingangsbild: Marlene Berger-Stöckl, Projektleiterin bei der Ökomodellregion Waginger See-Rupertiwinkel, überreichte dem Referenten Günther Erhardt ein Körbchen mit regionalen Bioprodukten, die sie zuvor einzeln den Besuchern vorstellte, Bild von Hans Eder