Seit September 2018 darf sich die ILE-Region Waginger See – Rupertiwinkel mit den Gemeinden Fridolfing, Kirchanschöring, Petting, Taching am See und Wonneberg sowie dem Markt Waging am See und der Stadt Tittmoning als Digitales Alpendorf bezeichnen. In der Region wird mit Hilfe von Regionalinitiativen die interkommunale Zusammenarbeit gestärkt. Dieser Weg wird nun mit digitalen Lösungen unterstützt. Im Projekt, das die Bayerische Staatsregierung großzügig fördert, werden Zukunftsstrategien und digitale Anwendungen für die Handlungsfelder Dienste, Pflege, Wohnen und Tourismus entwickelt, um den „alpinen ländlichen Raum“ für die Zukunft zu stärken. Das Digitale Alpendorf setzt damit im Alpenraum die bayerische Digitalisierungsstrategie fort, welche bereits im Jahr 2017 mit der Steinwald-Allianz (Digitales Dorf Nordbayern) und den Gemeinden Spiegelau und Frauenau (Digitales Dorf Südbayern) ihren Anfang hatte. Im Rahmen einer gut besuchten Informations- und Diskussionsveranstaltung im Saliterwirt erfuhren die Besucher nun die Details, direkt von den wissenschaftlichen Mitarbeiter am Technologie Campus Grafenau, einer Forschungseinrichtung der Technischen Hochschule Deggendorf (THD): Wirtschaftsinformatiker Matthias Oswald und Frank Edenharter (Humangeograph – Stadt- und Regionalforschung), die das Vorhaben begleiten und die einzelnen ILE- Gemeinden bei der Realisierung unterstützt. Mit von der Partie ist auch Nadja Kolbeck, die sich am Campus schwerpunktmäßig mit Tourismus beschäftigt.
Naturabenteuer und Biogenuss – Umweltbildung für Einheimische und Gäste
Die Region Waginger See – Rupertiwinkel ist seit 2014 eine staatlich anerkannte Ökomodellregion. Nachhaltige Kooperationen zwischen Erzeugern von heimischen Bioprodukten, Verarbeitern und Verbrauchern werden aufgebaut. Die konventionell wirtschaftende Landwirtschaft wird aktiv miteinbezogen und auch in vielen anderen Bereichen wird auf eine ökologischere Wirtschaftsweise hingearbeitet. Das Ziel ist eine nachhaltige Zukunftsentwicklung der Region: Das Bewusstsein über den notwendigen Einklang zwischen Natur und Mensch ist in der Region noch lebendig und soll weiterhin bewahrt und verstärkt werden. Es soll also eine zentrale Plattform für Naturabenteuer und Vermarktung nachhaltiger Bioprodukte geschaffen werden. Dies sei eines der Ziele des „Digitalen Alpendorfs“ in der Region Waginger See-Rupertiwinkel. „Zielgruppe für das Online-Portal für Naturabenteuer und Umweltbildung sind sowohl Einheimische als auch Touristen. Filterfunktion, Kategorisierung und eine Übersichtskarte sind nur einige der geplanten Funktionalitäten der Plattform, die professionell gestaltet und informativ in Wort und Bild aufbereitet wird“, sagte Edenharter.
Zukunftswohnen auf dem Land
Flächenfraß, Leerstände und begrenzte Verfügbarkeit von Bauflächen seien allgegenwärtige Probleme im ländlichen Raum. Dies mache ein Umdenken des Wohnverhaltens von klassischen Einfamilienhäusern und Mietwohnungen zu alternativen Wohnkonzepten oder. Wohnformen unvermeidbar. Mit dem Projekt „Anders Wohnen in der ILE Waginger See – Rupertiwinkel“ habe die Region die Herausforderung angenommen, zukunftsfähiges Wohnen zu realisieren. In diesem Projekt werden konkrete, kreative Ideen entwickelt, um baulich neue Wege zu beschreiten.
Mit dem „Digitalen Alpendorf“ will man diese Ideen in die digitale Welt überführen. Man schaffe ein Portal, auf dem sich Interessierte informieren, Rat von Fachleuten einholen und mögliche Partner für eine Bauherrengruppe finden können. Diese Möglichkeiten machen den Unterschied zu konventionellen Immobilien – und Leerstandsbörsen
Digitaler Pflegekompass
Bei Pflege und Betreuung eines Familienmitglieds seien viele Betroffene überfordert und würden mit ihren offenen Fragen, die oft spontan auftreten, erstmal alleine gelassen. „In den Gemeinden der ILE Waginger See – Rupertiwinkel existieren bereits analoge Informationssammlungen zu diesem Thema“, so Edenharter. Im Rahmen des Projekts werde ein „Digitaler Pflegekompass“ geschaffen, der als digitaler Lotse für Familienangehörige durch regionale Pflege- und Betreuungsangebote fungiere. „Der Überblick über regionale Angebote wird durch Verlinkungen zu bereits bestehenden Informationsplattformen von Bund und Land und Neuigkeiten im Bereich der Pflege ergänzt.“ Überdies kann man die Plattform auch nutzen um auf Informationsveranstaltungen, ehrenamtliche Dienstleistungen, Senioren-Treffs und Nachbarschaftshilfen hinzuweisen.
Digitales Rathaus
In der ersten Umsetzungsphase des Digitalen Dorfs Frauenau-Spiegelau, das als Pilotprojekt startete, wurde das digitale Informations- und Kommunikationsportal „Dahoam 4.0“ entwickelt worden. Auf Basis dieses Portals entwirft die Technische Hochschule Deggendorf nun eine Vernetzungsplattform, die die Zusammenarbeit im ILE- Gemeindeverbund Rupertiwinkel, um den sich Alexandra Huber kümmert, erleichtert und verbessert. Über eine nachhaltige digitale Bestellplattform werden dann gemeindeübergreifende Bestellungen zum Beispiel für Papier möglich, die dem Anspruch der Nachhaltigkeit genügen. Mit Tools wie Bürgerbefragungen, einem Beschwerdemanagement-Workflow und einem Ideenportal für Bürgerbeteiligung wird das Portal zusätzlich angereichert.
„Nach dem Umsetzungsstart des Projekts Anfang 2019 haben wir vier Jahre mit der Hochschule einen Partner, der uns bei der Realisierung hilft und uns berät“, sagte Bürgermeister Hans-Jörg Birner. Er ließ zudem wissen, dass jede ILE-Gemeinde selber entscheide, in welchen Bereichen sie eine Digitalisierung notwendig halte. Die Bayerische Staatsregierung fördert das Vorhaben für Investitionen vor Ort mit einem Förderanteil von 70 Prozent, den Rest tragen die Gemeinden selbst. Der Löwenanteil der Kosten, die Projekt- und Programmierarbeiten des Hochschulteams wird zu hundert Prozent gefördert
In lockerer Runde diskutieren Bürger aus den ILE-Gemeinden über das "Digitale Alpendorf", Bild von Anneliese Caruso.
An den Pinnwänden, an denen erste Projektideen von den Veranstaltungsbesuchern zusammengetragen wurden, kam auch zur Sprache, dass der Umgang mit digitalen Lösungen geübt werden müsse. Gerade für ältere Mitbürger sei das wichtig. Diesbezüglich kam von den die Projektverantwortlichen herangetragen wurde, ist analog zu der Plattform für Biodirektvermarkter eine Möglichkeit für Einzelhändler zu schaffen sich zu präsentieren.
Das Feedback, das die beiden Wissenschaftler Edenharter und Oswald erhielten, war absolut positiv. Daher dürfte dem Aufbruch ins digitale Zeitalter in der ILE-Region wohl nichts mehr entgegenstehen.
Ein Bericht von Anneliese Caruso.
Eingangsbild: Zahlreiche BürgerInnen kamen in den Salitersaal nach Kirchanschöring, um sich über das Projekt "Digitales Alpendorf" zu informieren, Bild von Technologie Campus Grafenau, Hochschule Deggendorf.