Wie kann ich Eiweißquellen vom eigenen Hof erschließen und für die Tierfütterung sinnvoll nutzen? Praktiker in der Ökomodellregion Waginger See- Rupertiwinkel hatten im Vorjahr zu Felderbegehungen eingeladen und zogen bei einem Arbeitsgruppentreffen im Februar ein Resümee aus ihren Erfahrungen.
Franz Huber aus Fridolfing, der den Erfahrungsaustausch für Landwirte aus der Ökomodellregion organisierte, erinnerte an sein Rotklee-Luzerne-Gemenge, angebaut nach Ganzpflanzensilage von Wintergerste, das ihm mit drei bis vier Schnitten sehr gute Erträge liefert und flexibler im Erntezeitpunkt ist als Wiesengras. Es zählt auch als Greening-Fläche.
Hans Steiner aus Taching sammelte Erfahrungen mit dem Anbau von Klee, aus dem er – ebenfalls bei sehr guten Erträgen 2016 - nach der Mahd und dem Anwelken Silageballen presste. Eine Untersuchung bestätigte den hohen Eiweißgehalt seines selbst erzeugten Futtermittels, das ihm während der Zufütterung 2 – 3 l Milchmenge je Kuh und Tag zusätzlich brachte, bei guten Fett- und Eiweißgehalten.
Der Betrieb von Sepp und Christian Hubert aus Kirchanschöring probierte im letzten Jahr Ackerbohnen anstatt des bewährten Hafer-Erbsen-Gemenges aus. Die Bohnen mussten nicht gedüngt oder mit Pflanzenschutzmitteln behandelt werden und zogen deshalb wenig Arbeit nach sich. Der eher schwere Boden lieferte genügend Wasser für die Bohnen, sodass ca. 50 dt/ ha geerntet werden konnten. Nachteilig war ein erhöhtes Vorkommen der Ackerwinde und, anders als beim Gemenge, das fehlende Stroh. Die Bohnen mussten nicht getrocknet werden und wurden mit Weizen und Gerste zu einer passenden Futterration gemischt.
Gute Erfahrungen machte Franz Roider aus Kirchanschöring mit seinem Gemenge aus Erbsen (Aussaatmenge 100 kg/ha), Hafer (40 kg/ha) und Gerste (40 kg/ha). Es wurde nicht gedüngt oder behandelt und lieferte einen sehr schönen Ertrag von 50 dt/ha. Die Beimischung von Gerste zum Hafer sorgt im Anbau für eine bessere Standfestigkeit. Beim Hafer sollte eine frühreifende Sorte ausgewählt werden, da die Gerste eher reif wird. Trotzdem musste die Ernte aus dem Gemenge im letzten Jahr nicht getrocknet werden. Franz Roider mischt das Kraftfutter für seine Milchkühe aus Weizen, Gerste, Rapsschrot und dem Gemenge selbst, unter Zusatz von Mineralfutter, und spart sich dadurch den Zukauf von fertigem Kraftfutter. Untersuchungen bestätigen ihm einen vollwertigen Ersatz für ein sehr gutes Milchleistungsfutter, auch wenn der Energiegehalt nicht ganz so hoch liegt wie die Eiweißgehalte. Das Gemenge liefert nebenbei Stroh für die Zumischung im Futtermischwagen.
Auch Mischungen mit Wintertriticale und Erbsen sind möglich, wie Hans Steiner ergänzte.
Franz Huber war erfreut über die positiven Anbauergebnisse der unterschiedlichen Eiweißquellen vom eigenen Hof und ermunterte die anwesenden Landwirte dazu, sich über ihre Erfahrungen auszutauschen, und Neues auszuprobieren.
Veronika Wolf vom Landeskuratorium für tierische Veredelung, das Landwirte beim Thema Fütterung berät, ging in ihrem Vortrag ausführlich auf den Einsatz hofeigener Eiweißquellen in der Fütterung ein, und verglich die Inhaltsstoffe Ackerbohnen und Erbsen mit anderen Hülsenfrüchten (Körnerleguminosen) wie Soja oder Süßlupine.
Fütterungsberaterin Veronika Wolf vom Landeskuratorium für tierische Veredelung
Der größte Teil des Eiweißbedarfs beim Milchvieh kann bei uns über das Grundfutter gedeckt werden, deshalb bleibt Grünfutter von Wiese oder Weide in unserer Region der wichtigste Eiweißlieferant. Im Effizienzvergleich liefert ein Hektar gutes Grünland höhere Eiweißerträge als ein Hektar mit Sojabohnen, sodass der Anbau von Soja flächenknappen Betrieben nicht zu empfehlen ist. Für eine gute Verwertung des Grundfutters muss das Futter nicht nur hohe Nährstoffgehalte aufweisen, sondern vor allem schmackhaft sein, was z.B. durch gute Kleegehalte und gute Silagequalitäten erreicht wird.
Ausführlich erläutere Veronika Wolf die verschiedenen Einflüsse der Bewirtschaftung auf den Eiweißgehalt des Grünfutters, so z.B. die Düngung, der Schnittzeitpunkt und ein möglichst niedriger Verschmutzungsgrad bei der Ernte, eine ausreichende Silierdauer und ein ausreichender Vorschub (Futterentnahme) im Futtersilo. Die niedrigeren Eiweißgehalte im zweiten Schnitt können z.B. durch eine Mischung mit einem Spätschnitt ausgeglichen werden. Anhand von Beispielsrationen verdeutlichte die Fütterungsberaterin, wie man hohe oder niedrige Eiweißgehalte im Grundfutter durch eine entsprechende Regulierung bei den Kraftfuttergaben ausgleicht.
Ein Gemenge aus Hafer, Gerste und Erbsen muss nicht immer gedroschen, sondern kann auch als Ganzpflanzensilage einsiliert und, mit Grassilage vermischt, verfüttert werden. Die hohe Schmackhaftigkeit kann niedrigere Nährstoffgehalte ausgleichen, führt oft zu einer sehr guten Aufnahme durch das Vieh und damit zu hohen Milchleistungen aus dem Grundfutter, wenn das Silagemanagement passt.
Zuletzt brach Veronika Wolf noch eine Lanze für die Verfütterung von frischem Gras. Der Umstieg auf eiweißreiches frisches Gras im Frühjahr muss durch einen langsamen Futterwechsel und die Zufütterung von Heu oder Stroh als Strukturausgleich wiederkäuergerecht erfolgen. Die hohen Eiweißgehalte können durch zugefütterte Energie aus Maissilage, Körnermais, Getreide oder Zuckerschnitzel ausgeglichen werden. Im Stall verfüttertes Grünfutter sollte unbedingt sauber und wenn möglich trocken sein und schnell abgeladen werden, damit es zu keiner Erwärmung des Futters kommt. Bei einer Ration mit Gras oder Kleegras reicht die begrenzte Zufütterung von etwas Raps oder Soja, Getreide und etwas Silomais und somit ist die Ration sehr kostengünstig.
Die Vorteile einer Weidefütterung liegen im geringen Kosten- und Zeitaufwand und dem hohen Kuhkomfort, stellen aber hohe Anforderungen ans Management und erfordern ein Auge auf mögliche Parasiten. Die Kurzrasenweide ist die intensivste Weideform und deshalb nicht automatisch für jeden Betrieb geeignet. Kälber müssen frühzeitig an die Futteraufnahme auf der Weide gewöhnt werden; die Beweidung durch Kalbinnen kann den Grasbestand verbessern. Bei nassem Wetter kann u.U. kein Austrieb erfolgen, damit die Grasnarbe nicht geschädigt wird. Wie hoch die Kosten für Eiweißfutter von der Weide im Vergleich zum Eiweißfutter von der Wiese als Silage sind, soll noch vertieft diskutiert werden.
Felderbegehung der ÖMR-Arbeitsgruppe Regionales Eiweiß
Organisator Franz Huber bedankte sich bei der Referentin und bei den Anwesenden für die breit gefächerte Diskussion und wies darauf hin, dass im Sommer gute Beispiele für Weidesysteme in einer Felderbegehung besichtigt werden sollen.
Eingangsbild: Felderbegehung der ÖMR-Arbeitsgruppe Regionales Eiweiß