Der Preis für konventionelle Milch war in den letzten Jahren ins Bodenlose gefallen. Auf deutlich höherem Niveau und relativ stabil zeigte sich dagegen der Preis für Bio-Milch, weshalb viele Bauern umgestellt haben oder umstellen wollten. Das Problem: Etliche Betriebe fanden keinen Abnehmer für ihre Bio-Milch. Nun ist der Milcherzeugergemeinschaft (MEG) Traunstein ein Vertrag gelungen, der Öko-Bauern ohne Abnahmevertrag Hoffnung gibt. Die Berliner Milchhandels-Gesellschaft kauft ab 1. Januar Bio-Milch von zertifizierten Bauern der Region. MEG-Vorsitzender Paul Obermeier berichtete auf Einladung der Ökomodellregion zum Umstellerstammtisch für Milchviehbetriebe im Pettinger Riedlerwirt über die neuen Chancen für seine Landwirtskollegen.
Die MEG-Traunstein ist die älteste Erzeugergemeinschaft in Bayern. 1972 gegründet, erreichte sie zwischenzeitlich einen Mitgliederstand von 3000 Landwirten. Aufgrund des rasanten Strukturwandels der letzten Jahrzehnte sind es derzeit nur noch 870 Betriebe. Das Interesse der Landwirte an einer Umstellung stieg nicht zuletzt wegen des deutlich höheren und stabileren Preises, der für Bio-Milch zu erzielen war und ist. Im Januar 2016 stoppte die Molkerei Berchtesgadener Land in Piding vorerst die Aufnahme weiterer Anlieferer. Ab Februar unterzeichnete die Molkerei Scheitz in Andechs keine neuen Abnehmer-Verträge mehr, weil viele Umstellerbetriebe neu dazugekommen waren, aber auch, weil bisherige Mitgliedsbetriebe aufgrund der großen Nachfrage nach Biomilch in den Jahren davor inzwischen mehr Biomilch erzeugten.
„Auf der Nachfrageseite schaut es bis jetzt gut aus, da der Biomilchmarkt weiterhin jährlich um einige Prozent wächst“ - und zuletzt binnen eines Jahres um elf Prozent angezogen habe, wie Marlene Berger-Stöckl den zahlreich erschienenen Bauern berichtete. Die Geschäftsleiterin der Ökomodellregion (ÖMR) Waginger See / Rupertiwinkel weiß, dass sowohl Fläche als auch Bioproduktion im Nachbarland Österreich etwa auf doppeltem Niveau liegen. „Bei uns ist Luft nach oben“, so Berger-Stöckl, wenn es gelinge, auch den Absatz von Bioprodukten im Inland nach österreichischem Vorbild zu steigern.
Dazu aber braucht es Perspektiven für die Bauern. Bei der Waginger Bergader-Molkerei liege „Bio derzeit auf Eis“, so Obermeier. Chancen für die heimischen Betriebe sieht er daher in dem Vertrag mit den Berlinern. „Keine Molkerei, sondern eine reine Handelsgesellschaft“, erklärte er, deren Volumen liege bei über einer Milliarde Liter pro Jahr. Bezahlt werde der bayerische Durchschnittspreis für Biomilch in Höhe von 49,5 Cent, die Sammlung erfolge zweitägig. Alle nötigen Details würden entsprechend vertraglich geregelt.
„Das große Problem“ erkennt Obermeier in der Frage: „Wo geht die Milch hin?“. Denn Transporte über weite Strecken lägen nicht im Sinne von Bio-Erzeugern. Zudem gebe es Preisabschläge für lange Transportwege. Gleichwohl sieht der MEG-Vorsitzende derzeit keine andere Möglichkeit, „Bewegung reinzubringen“, und er ist zuversichtlich, dass sich in wenigen Jahren kürzere Fahrten ergeben. Der Start am 1. Januar 2018 erfolgt vom Chiemsee bis ins Gebiet der Ökomodellregion, hier zunächst mit Betrieben in Petting, Teisendorf oder Saaldorf-Surheim. „Betriebe mit einem gültigen Bio-Verbands-Zertifikat können sich anschließen“, informierte Berger-Stöckl. Man dürfe nicht vergessen, dass auch das Einzugs-, Verarbeitungs- und Verkaufsgebiet hiesiger Molkereien inzwischen groß und z.T. auch international sei.
Obermeier ist überzeugt, dass sich der Preis für konventionell erzeugte Milch leider schon 2018 tendenziell wieder nach unten bewegen werde. Allerdings hätten die Bauern das durchaus in der Hand, denn würde ein jeder Milchbauer nur ein paar Prozent weniger erzeugen, der Preis würde deutlich steigen. Wie es denn mit der Frage der Anbindehaltung stehe, wollte ein Besucher wissen. „Von den 32 000 Bauern in Bayern arbeiten 16 000 mit Anbindehaltung“, nannte Obermeier die Zahlen, „nicht in jedem Betrieb ist ein Freilaufstall möglich.“ Im Ökobetrieb sei Anbindehaltung im Winter stets mit einem Freiluft-Auslauf an mindestens zwei Tagen pro Woche und mit Weidegang im Sommer kombiniert, ergänzte Berger-Stöckl, damit sei eine insgesamt tierfreundliche Kombihaltung statt reiner Anbindehaltung gegeben. Es sei wichtig, auch vielen kleinen Betrieben einen zukunftsfähigen Weg aufzuzeigen, anstatt den Strukturwandel radikal zu beschleunigen.
Die Entwicklung gehe mittelfristig hin zu mehr Tierwohl, so Obermeier, es müsse aber dabei nach gangbaren Wegen für möglichst alle Betriebe gesucht werden. Leider sei nicht in allen Betrieben z.B. ein Winterauslauf baulich möglich, denn manche Betriebe liegen baulich sehr beengt.
Durch die Zusammenarbeit mit der BMG werde sich die MEG künftig eine eigene Bioschiene aufbauen, so Obermeier, und es sei erfreulich, dass Lieferanten des Biomilcherfassers BMG auch weiterhin Mitglied in der Milcherzeugergemeinschaft bleiben könnten. Ab sofort stehe die neue Abnahmemöglichkeit weiteren Biobetrieben offen, sofern die Liefertour passend gestaltet werden könne. Interessierte Betriebe können sich gern bei ihm, bei der MEG Traunstein oder bei der MEG Rosenheim melden.
Ein Bericht von Hannes Höfer (Traunsteiner Tagblatt vom 28.12.2017).
Eingangsbild: Neue Perspektiven für Biomilcherzeuger bietet ein Abnahmevertrag, den die Milcherzeugergemeinschaften Traunstein und Rosenheim mit der Berliner Milchhandels-Gesellschaft geschlossen haben, Bild von Tourist Info Waginger See.