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Gemeinderat Saaldorf-Surheim stimmt ÖMR-Beschlusspaket zu

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Saaldorf-Surheim. Selten gewordene heimische Baumarten und Hecken pflanzen, Obstanger fördern, eine möglichst naturverträgliche Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Gemeindeflächen anstreben, Kauf von regionalen oder biologisch erzeugter Produkte – das alles und mehr sind Punkte eines umfangreichen kommunalen Beschlusspakets, dem der Gemeinderat in seiner letzten Sitzung fast ausschließlich einstimmig zugestimmt hat und mit denen er die Mitgliedschaft in der Ökomodellregion Waginger See-Rupertiwinkel als Gemeinde in konkrete Taten umsetzen möchte.

Neben der Saaldorf-Surheim sind Teisendorf und Laufen aus dem Berchtesgadener Land Mitglied in der Ökomodellregion (ÖMR). Aus dem Nachbarlandkreis Traunstein sind die Gemeinden Fridolfing, Kirchanschöring, Petting, Taching am See, Tittmoning, Waging am See und Wonneberg beteiligt.

Für die zehn Kommunen gebe es eine Reihe von Gestaltungsmöglichkeiten, sagte Bürgermeister Bernhard Kern einführend. An seiner Seite saßen Alfons Leitenbacher, Leiter des Amtes für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten in Traunstein, sowie der Kirchanschöringer Bürgermeister Hans-Jörg Birner als Sprecher der ÖMR. Die beiden beantworteten eine Reihe von Fragen, die die Gemeinderäte im Zuge der Beratung und Diskussion äußerten.

Gleich zu Beginn der Sitzung nahm Bürgermeister Kern Bedenken vorweg, mit denen er sich in Gesprächen mit Landwirten immer wieder konfrontiert sah: „Ich weise vehement und deutlich zurück, dass wir das Augenmerk auf Biobetriebe setzen und sozusagen einen Keil zwischen konventionell und bio treiben.” In der Gemeinde gebe es sechs Biobetriebe und rund 60 konventionell wirtschaftende Betriebe im Haupterwerb, erklärte er. Für jeden Landwirt basiere die Beteiligung an der ÖMR auf freiwilliger Basis.

Hans-Jörg Birner sprach von „neuen Erwerbsmöglichkeiten” und „Einkommensalternativen” für Landwirte durch Angebote der Ökomodellregion. Sie sei eine gute Plattform, um konventionell wirtschaftende und Biobetriebe an einen Tisch zu bringen. „Uns ist wichtig, dass auch konventionelle Landwirte auf uns zukommen, wenn es Missverständnisse gibt oder wir gegebenenfalls nachjustieren müssen.”

Alfons Leitenbacher ging auf den Hintergrund des von der bayerischen Staatsregierung initiierten Landesprogramms ein, wonach die Bio-Produktion bis zum Jahr 2020 verdoppelt werden soll, um die weiterhin steigend hohe Nachfrage stärker aus regionaler Produktion decken zu können (nähere Informationen im Internet unter www.oekomodellregionen.bayern.de). Insgesamt gibt es in Bayern momentan zwölf Ökomodellregionen, Waginger See-Rupertiwinkel ist eine davon.

„Die Wertschöpfung soll unseren Bauern zugute kommen”, so Leitenbacher. „Ich sehe es als Verpflichtung nach vorne zu schauen und Dinge dahinzulenken, wo Chancen liegen.” Angesichts schwieriger Rahmenbedingungen wie aktuell wieder dem schwankenden Milchpreis mache es Sinn, neue Bereiche, Zukunftschancen und Einkommensmöglichkeiten für landwirtschaftliche Betriebe auszuloten. Das Nebeneinander von konventioneller und Bio-Landwirtschaft beschrieb er mit dem Sprichwort „leben und leben lassen”. Die ÖMR zeige mögliche Wege in die Zukunft auf.

Das Hauptaugenmerk liege bei der ÖMR auf der Landwirtschaft, doch auch die Gemeinde habe ihre Handlungsmöglichkeiten, hatte zuvor Birner betont. Maßnahmen könnten ein Imagegewinn für den ganzen Ort sein und auch auf andere Bereiche, zum Beispiel den Tourismus, ausstrahlen, fügte Leitenbacher hinzu.

Insbesondere die wiederholten und sehr engagierten Wortmeldungen von Evelyn de Marco-Maier und dem Landwirt Christian Resch (beide CSU) spiegelten die Sorge und Vorbehalte wider, das Projekt ÖMR lasse nur Biobetriebe in lobendem Glanz erscheinen und nur sie würden gesehen und unterstützt. Resch sagte mehrmals, angesprochene Vorschläge seien nicht neu und würden zum Teil schon jahrzehntelang von den konventionellen Landwirten so durchgeführt, etwa der Waldumbau. „Wir brauchen auch die konventionellen Landwirte, nicht nur den biologischen Landbau”, betonte etwa de Marco-Maier.

Woraufhin Birner und Leitenbacher ebenso deutlich dagegenhielten, niemand werte die konventionelle Landwirtschaft ab. Es sei richtig, dass viele Vorschläge nicht neu seien. Doch dadurch, dass sie festgeschrieben und definiert würden, würden sie wieder mehr ins Bewusstsein, vor allem der Allgemeinheit, geholt.

Gleich der erste Beschlussvorschlag hatte zum Beispiel auch im Vorgespräch mit dem Saaldorfer Ortsbauernobmann Peter Auer junior zur Diskussion geführt und deshalb war die Formulierung „ökologisch” durch „möglichst bodenschonend, natur- und gewässerverträglich Bewirtschaftung” ersetzt und der Versuch unternommen worden, sprachlich möglichst neutral zu bleiben.

Wobei Leitenbacher sagte: „Ökologisch heißt nichts anderes, als möglichst gut im natürlichen Kreislauf der Natur zu arbeiten. Das ist das Ziel jeder Landwirtschaft. Jeder muss auf seinen Naturkreislauf schauen.” Doch zeigte die Diskussion, dass das Wort „ökologisch” für viele als Synonym für bio im Sinne der Vorgaben eines Biobetriebes gilt. Mit der Umformulierung zeigten sich aber alle zufrieden.

ÖMR-Sprecher Birner machte im Laufe der Sitzung aber auch eines klar: „Die Gelder kommen aus dem Bio-Fördertopf, deshalb müssen wir uns mit dem Thema beschäftigen. Die Ökomodellregion  ist ein Projekt in Richtung Biolandbau.”

Was sind nun die einzelnen Punkte, die die Gemeinde Saaldorf-Surheim - wie inzwischen fast alle anderen Mitgliedsgemeinden auch - als ihre eigenen Ziele und Möglichkeiten der Gestaltung festgeschrieben hat. Das Papier umfasst mehrere Seiten und ist in allen Punkten eine Absichtserklärung, die aber, wie die Sitzung auch zeigte, keine leeren Worte bleiben sollen.

Der Gemeinderat fällte Einzelbeschlüsse zu den folgenden Themen: Bei der Neuverpachtung der insgesamt 40 Hektar Flächen aus dem gemeindlichen Besitz (Wiesen, Felder) soll auf eine möglichst bodenschonende, natur- und gewässerverträgliche Bewirtschaftung geachtet werden. Auf den fünf Hektar Wald, den die Gemeinde besitzt, sollen die Vorgaben der „Initiative Zukunftswald” gelten, zum Beispiel Waldumbau 70/30, kontinuierliche Waldpflege und „Totholz ist Leben”.

Die rund 11,2 Hektar gemeindlichen Ausgleichs- und Ökokontoflächen sollen für extensive Landwirtschaft nutzbar gemacht werden, zum Beispiel extensive Beweidung, Heumahd oder Verarbeitung und Vermarktung von Streuobst und Heckenfrüchten. Leitenbacher betonte zu diesem Punkt, dass auf diese Wege diese Ökoflächen nicht für die Landwirtschaft verloren gingen, sondern weiter genutzt werden können.

Ein Pflegemanagement für öffentliche Grünflächen im Sinne der Artenvielfalt und Ökologisierung, weiterhin keine Verwendung chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel auf kommunalen Flächen, die Anlage von Streuobstwiesen, der Kauf von regionalen und Bioprodukten in kommunalen und kirchlichen Einrichtungen (zum Beispiel auch Schulen und Kindergärten), umweltfreundliche Beschaffung (Beispiel Papiergütesiegel „Blauer Engel”), die Erstellung eines Flächenkatasters für Leerstände im Sinne einer Minderung des Flächenverbrauchs, die Anlage von Wildfruchthecken, Blühwiesen, Pflanzung selten gewordener heimischer Baumarten sowie die Flächen für Gemeinschaftsgärten sind weitere Punkte in dem Papier.

 Ein Bericht von Tanja Weichold.

Eingangsbild: Bürgermeister Bernhard Kern, Alfons Leitenbacher, Hans-Jörg Birner und der Saaldorfer Rathaus-Geschäftsleiter Bernhard Bräuer (von links) bei der Gemeinderatssitzung, in der ein ganzer Katalog an möglichen Maßnahmen im Zuge der Mitgliedschaft in der Ökomodellregion Waginger See-Rupertiwinkel beschlossen worden ist, Bild von Tanja Weichold.

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