Modell stehen für die Bio-Zukunft

Fridolfing bleibt für weitere drei Jahre Teil der Ökomodell-Region Waginger See – Rupertiwinkel. Der Gemeinderat hat sich in seiner jüngsten Sitzung für das staatlich subventionierte Projekt ausgesprochen, das zum einen Erzeugern Wege in die ökologische Landwirtschaft aufzeigt, als Bindeglied zwischen Landwirten und regionalen Firmen fungiert und ein Bewusstsein für Bioprodukte aus der Region schaffen soll. Projektleiterin Marlene Stöckl-Berger hat vor der Abstimmung dem Gemeinderat die Fortschritte der Ökomodellregion vorgestellt.

Die Erzeugung von Bio-Produkten aus Bayern soll bis zum Jahr 2020 verdoppelt werden – das hat die Bayerische Regierung als politisches Ziel vorgegeben. Damit das gelingen kann, braucht es laut Marlene Berger-Stöckl viel Aufklärungsarbeit. Den umstellungswilligen Landwirten können die Chancen, welche die Bioprodukte bieten, aufgezeigt werden, der Verbraucher müsse für höhere Preise von besonders umweltgerechten Produkten sensibilisiert und verarbeitende Betriebe überzeugt werden, damit sie noch mehr auf regionale Landwirte und Bioprodukte zurückgreifen.

Nebenbei gilt es auch, selbstgesteckte Ziele umzusetzen, wie die Wasserqualität des Waginger Sees zu steigern. Viel zu tun also. „Im Fokus steht eine faire Wertschöpfungskette heimischer Produkte. Lebensmittel, die daheim erzeugt, produziert und zu einem fairen Preis abgenommen werden“, sagte Stöckl-Berger gestern gegenüber der Heimatzeitung. Ein positiver Nebeneffekt sei der Gewässerschutz sowie die schonende und nachhaltige Landnutzung.

Dem Fridolfinger Gemeinderat präsentierte sie die bisherigen Erfolge des Projekts:  Die Salzachklinik in Fridolfing setze beispielsweise seit 2015 vermehrt auf regionale Lebensmittel und verwende zu zwanzig Prozent Bioprodukte. Weiter hob sie die Biozertifizierung des Schlachthofs in Laufen hervor, sowie das Gersten-Anbauprojekt der Brauerei Stein, das viele Landwirte aus der Region überhaupt erst wieder dazu bewogen hat, Biogerste anzubauen. Auch konnte die Zielsetzung von 1500 neuen Streuobstbäumen schon zur Hälfte erreicht werden: 750 stehen mittlerweile. Weiter wurden Arbeitsgruppen geschaffen, Infostände betreut und Vorträge organisiert.

Jährlich kostet die Ökomodellregion bis etwa 100 000 Euro. Staatlich subventioniert wurde das Projekt anfangs mit 75 Prozent der Personalkosten. Den Rest müssen die beteiligten Gemeinden aufbringen. Sukzessive sinkt die Subventionierung – von 60 auf 40, am Ende auf 20 Prozent. „Das Ziel ist, dass die Gemeinden das Projekt bald auch alleine stemmen können“, sagte Stöckl-Berger. Für Fridolfing bedeutet das, dass für dieses Jahr 6740,46 Euro fällig werden. Im nächsten Jahr sind es 7607,24 und 8264,22 Euro im Jahr 2021. Mit einer Gegenstimme von Alois Reiter jun. (CSU) wurde der Verbleib Fridolfings in der Ökomodellregion beschlossen.

Das Projekt

Im Herbst 2013 hat sich die Arbeitsgemeinschaft Waginger See – Rupertiwinkel um eine staatliche Anerkennung als Ökomodellregion beworben – mit Erfolg. Sie  ist damit ein subventionierter  Schulterschluss von zehn Gemeinden rund um den Waginger See (Fridolfing, Kirchanschöring, Petting, Taching am See, Tittmoning, Waging am See, Wonneberg, Teisendorf, Saaldorf-Surheim und Laufen). Durch gezielte Vernetzung aller Beteiligten,  Arbeitsgruppen und  aktive Beratung sollen biologische Produktion und regionale Weitervermarktung entwickelt und umgesetzt  werden. Auch die Themen  Gewässerschutz und schonende Landnutzung spielen darin eine Rolle. Weitere Infos unter https://www.oekomodellregionen.bayern/

Ein Bericht von Ralf Enzensberger (Südostbayerische Rundschau vom 22.01.2019).

Eingangsbild: Bild von Richard Scheuerecker, copyright Tourist Info Waging.

Die Gemeinde Wonneberg bleibt in der Ökomodellregion

Trotz der kritischen Stimme von Gemeinderat Josef Helminger verständigte sich das Ratsgremium in seiner jüngsten Sitzung darauf, dass die Gemeinde Wonneberg drei weitere Jahre Teil der Öko-Modellregion Waginger See-Rupertiwinkel bleibt. Die Verlängerung gilt für die Jahre 2019 bis Anfang des Jahres 2022. Solange ist auch die Finanzierung durch den Freistaat Bayern gesichert. Der Freistaat hat in dieser Modellregion die Personal- und Arbeitsplatzkosten bislang bis zu 75 Prozent getragen. Die Förderung ab dem kommenden Mai verläuft hingegen degressiv und sinkt jährlich von 60 Prozent im ersten, auf 20 Prozent im dritten Jahr. Da Wonneberg die kleinste Gemeinde im Verbund ist, ist ihr Kostenanteil auch am niedrigsten. Für 2019 muss sie 3.000 Euro, im Jahr darauf 3.387 Euro und dann 3624 Euro dafür aufwenden. Die überschaubare Steigerung liegt daran, dass die Arbeitszeit der Projektmanagerin bis Ende des Förderzeitraums etwas sinkt.

Dieser Beschluss wurde mehrheitlich und mit den Gegenstimmen von Josef Helminger und Tina Poller gefasst. Die überwiegende Mehrheit zeigte sich überzeugt von den Vorteilen, die sich durch den Verbleib in der staatlich anerkannten Öko-Modellregion ergeben.

Dargestellt wurde das bisher Erreichte von Projektmanagerin Marlene Berger-Stöckl. Sie betonte, dass der Kernauftrag der vom Landwirtschaftsministerium aktuell zwölf geförderten Ökomodellregionen laute, den Anteil der Bio-Betriebe deutlich zu erhöhen. Es gehe um den Erhalt landwirtschaftlicher Betriebe. Einer der möglichen Wege, dies zu erreichen, sei die Umstellung auf Bio, weil Bio über faire Preise für besonders umweltgerecht erzeugte Produkte für viele Betriebe eine Zukunftschance sei.

Bürgermeister Martin Fenninger, der zunächst erläuterte, wie es überhaupt zu dieser Ökomodellregion gekommen ist, bestätigte, dass der Verbund sehr gut laufe und schon viele Projekte in Angriff genommen habe, die auch gut vorankommen. Seit Projektbeginn 2013 sei die Zahl der Ökobetriebe in der Region von rund sieben auf etwa zwölf Prozent gestiegen. Es handle sich bei der Öko-Modellregion um ein wirklich gutes Angebot, das Wonneberg erneut annehmen solle. Zudem stehe mit Marlene Berger Stöckl eine überaus engagierte Projektmanagerin an deren Spitze, die ihren Job mit großer Kompetenz und Leidenschaft betreibe.

2019 wäre die Förderung des Projektmanagements ausgelaufen, aber die Bayerische Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Michaela Kaniber, hat es nochmals um drei Jahre verlängert, verbunden mit dem Wunsch, die Ökomodellregionen sollten anschließend über die beteiligten Gemeinden verstetigt werden. Das heißt, dass dann 2022 wieder alle Mitgliedsgemeinden darüber abstimmen müssen, ob und wie es mit dem Verbund weitergehen soll.

Dennoch meinte Ratsmitglied Josef Helminger, dass man in den nächsten drei Jahren unnötigerweise rund 10.000 Euro in einen Bereich verschiebe, der auch ohne Öko-Modellregion laufe. Die Öko-Modellregion spiele keine Rolle bei der Entscheidung, ob ein Landwirt auf Bio umstellt. Dies regle einzig und allein der Markt. Helminger, der auch Bauernobmann im Ort sowie Vorsitzender der Milcherzeugergemeinschaft Alpenmilch eG Chiemgau und Rupertiwinkel ist, meinte, man hätte vor der heutigen Abstimmung mit den örtlichen Vertretern der Bauernschaft reden müssen. Überdies sprach Helminger Imageprobleme an, mit denen konventionell arbeitende Landwirte aufgrund der Idealisierung von Bio zu kämpfen hätten, die sich damit in die zweite Reihe gestellt fühlten.

Marlene Berger Stöckl machte jedoch deutlich, dass alle miteinander schauen müssten, wie man unerwünschte Nebenwirkungen, die die bisherige Agrarpolitik mit sich gebracht hat, gemeinsam beseitigen kann. Dabei gehe es auch um den Gewässerschutz. Auch konventionell arbeitende Betriebe könnten sehr gewässerschonend wirtschaften, aber je mehr Phosphor im Betriebskreislauf sei, desto anspruchsvoller werde die Aufgabe, Austräge zu vermeiden. „Biobetriebe tun sich da leichter, weil durch die Einsparung leicht löslicher Dünger und weiterer Faktoren die Austragsgefahr sehr gering ist“.

Sie sehe beispielsweise in der Biomilch größere Chancen, weil ein besserer Preis zu erzielen sei, und trotz größerem Biomilchaufkommen in den letzten Jahren seien die Perspektiven für neue Umsteller inzwischen wieder positiv zu bewerten.

Nach wie vor steige die Nachfrage nach Bioprodukten. „Und was wir nicht selbst produzieren, müssen wir einführen.“ So zeigte Berger Stöckl anhand eines kurzen Streifzugs durch die laufenden Modell-Projekte auf, wie weit man bei den einzelnen zu beackernden Themenfeldern, Öko-Landbau (Biofleisch, Biomilch, Biokäse und Öko-Ackerbau), bei Ernährungsbildung, beim Pflanzen von Streuobstbäumen und bei der Biozertifizierung von Streuobst sowie beim Artenschutz gekommen ist. Gerade auch der Streuobstanbau sei etwas, was auch für Konventionelle interessant sei, deren Betrieb kein Bio-Zertifikat hat.

Gut kämen auch im touristischen Bereich die Genuss-Radltouren an, die man zusammen mit der Tourist-Info noch stärker ausbauen wolle. Mit ausgelöst worden von der Ökomodellregion sei der Wettbewerb „Genussort“, bei dem unter anderem die Orte Fridolfing (Schwerpunkt regionale Spezialitäten) und Waging (Biospezialitäten aus der Öko- Modellregion) ausgezeichnet worden sind, was ihnen ein hervorragendes Renommee eingebracht habe, das nun aktiv vermarktet werde. An Projekten für alle Landwirte habe man mit dem AELF Traunstein die Tagung „Milchwirtschaft im Einklang mit der Natur“, Exkursionen zum Thema „Kleine Laufstalllösungen“ oder „naturnaher Waldbau“ angeboten. Eine wichtige Gruppierung in der Region sei die Arbeitsgruppe Eiweiß, die regelmäßig Feldbegehungen und Infoabende anbiete und von einem Fridolfinger Landwirt auf fachlich hohem Niveau geleitet werde. Zusammengefasst dürfe man wohl sagen, dass (jedes eingesparte Kilo Phosphor auch zur Verbesserung der Gewässer beitrage – das würde ich hier streichen) die Region und ihre Landwirtschaft durch die Öko-Modellregion ihr Image aufgewertet habe und bei vielen Bürgern mehr Verständnis und Interesse für die Landwirtschaft wecke.  

So sah dies auch die Mehrzahl der Gemeinderäte in Wonneberg, die sich bei zwei Gegenstimmen letztlich für den Verbleib im Verbund ausgesprochen hat. 2. Bürgermeister Peter Wolff fand passende Worte. „Hut ab, was Marlene Berger-Stöckl erreicht hat.“ Man begleite die Sache zwar kritisch, dennoch wäre es schade, dieses Markenprodukt aufzugeben.

Ein Bericht von Anneliese Caruso (Südostbayerische Rundschau vom 14.01.2019).

Ein Stück weit ökologischer

Jahrelang haben die Grünen im Kreistag (Landkreis Altötting) für eine Öko-Modellregion geworben und sich dafür scharfe Vorwürfe von Landrat Erwin Schneider anhören müssen. Jetzt aber könnte die Region tatsächlich zu staatlichen Fördergeldern zur Stärkung der ökologischen Landwirtschaft kommen. Gemeinsam mit den Kommunen wollen Bund Naturschutz (BN) und die Bürgerinitiative Netzwerk Trinkwasser (BINT) Teile des Landkreises in einem Zuschussprogramm des Freistaats unterbringen. Die Mitmachbereitschaft der Städte und Gemeinden ist groß.

Mit fünf bis sechs Kommunen hatte Gerhard Merches anfangs gerechnet. Mittlerweile aber weiß der BN-Kreisvorsitzende und BINT-Aktivist mehr als ein Dutzend Städte und Gemeinden hinter sich. Er sei zuversichtlich, 70 bis 80 Prozent der Landkreiskommunen überzeugen zu können, sagte er am Mittwochabend im Burghauser Bürgerhaus, wo BN und BINT ihre Pläne vorstellten.

Ziel: Verdopplung der Bio-Produktion bis 2020

Vertreter zweier bereits bestehender Öko-Modellregionen hatte Merches dafür gewinnen können, dazu die Zuständige des Amts für ländliche Entwicklung, Katharina Niemeyer. Sie klärte die Zuhörer im vollbesetzten Gartensaal über die Rahmenbedingungen auf. So hat der Freistaat 2012 die Öko-Modellregionen im Zuge der "BioRegio Bayern 2020" eingeführt, eine Initiative, die unter anderem eine Verdopplung bayerischer Bio-Erzeugnisse bis 2020 vorsieht.

Zwölf Öko-Modellregionen gibt es bislang. Kommendes Jahr sollen mindestens sechs neue hinzukommen. Das Interesse ist groß: 27 Anwärter gibt es Niemeyer zufolge. Bis 31. Januar bleibt Zeit, um auf eine erste Interessensbekundung ein konkretes Konzept folgen zu lassen. Nur so geht es in die engere Auswahlrunde, in deren Verlauf bis Anfang April entschieden werden soll, welche Region den Zuschlag und damit staatliche Förderungen erhält.

Mit jährlich 75000 Euro, ausgelegt auf zwei Jahre mit Aussicht auf Verlängerung um weitere drei Jahre, fällt der Zuschuss zwar nicht allzu üppig aus, doch versprechen sich die Verantwortlichen davon eine Initialzündung. Das Geld dient im Wesentlichen dazu, eine Projektmanagerstelle zu schaffen und über diese Maßnahmen anzuleiern. 25000 Euro müssen die beteiligten Kommunen beisteuern.

In der kleinsten bayerischen Öko-Modellregion, bestehend aus den Gemeinden Schwindegg und Buchbach im Landkreis Mühldorf, hat Rosa Kugler den Posten inne. Seit 2014 kümmert sie sich darum, dass an Schulen und Kindergärten das Thema Bio-Verpflegung vorankommt, dem Nachwuchs Natur und Ökolandbau nähergebracht werden, die biologische Vielfalt wächst und die Bio-Landwirte der Region Abnehmer für ihre Erzeugnisse finden.

Noch ein Stück professioneller hat sich die Öko-Modellregion Waginger See-Rupertiwinkel aufgestellt. Marlene Berger-Stöckl und ihre Mitstreiter haben es nicht nur geschafft, den Bio-Anteil an den örtlichen Betrieben innerhalb von fünf Jahren von knapp sieben auf fast zwölf Prozent zu steigern, sie haben auch der Landwirtschaft insgesamt zu einem deutlich positiveren Image verholfen. Damals, beim Start, habe alles nur über die schlechte Wasserqualität des Waginger Sees und die mitverantwortlichen Bauern geschimpft. Mittlerweile aber sei das komplett verdrängt worden durch Positivberichte, auch in überregionalen Medien, so Berger-Stöckls Bilanz.

Bis es soweit war, hatten die Projektmanagerin und die Landwirte jede Menge Pionierarbeit zu leisten. Schließlich sind die Öko-Modellregionen nicht als staatliches Rundum-Sorglospaket gedacht. Der Freistaat will vielmehr nur zur Eigeninitiative anregen.

In Waging und Umgebung hatten die Planer damit Erfolg. Eine Reihe an Landwirten liefert mittlerweile Getreide zum Müsli-Produzenten Barnhouse nach Mühldorf und erhält dafür einen Kaufpreis, der über Bio hinaus auch der regionalen Herstellung Rechnung trägt. Ähnlich ist es bei Senfkörnern für Byodo, oder bei Braugerste für ein Bio-Bier von Steiner.

Spezielles Brot aus urtümlichem Laufener Landweizen, werbewirksam verpackt in Flaschen, oder auch "Waginger See Kas" und Fleisch von Pinzgauer Rindern verzeichnen dank der Hilfe von Touristikern wachsenden Absatz. Und selbst ein Teil der konventionellen Landwirte sitzt mit im Boot – über einen koordinierten regionalen Eiweißanbau.

Freilich: Auch die Möglichkeiten der Öko-Modellregionen sind begrenzt, wie Marlene Berger-Stöckl ausführt. Und der Bio-Markt sei längst knallhart. Entsprechend professionell müssten die Verbünde agieren. Im Waginger Fall etwa haben die Barnhouse-Lieferanten eine moderne Lagereinrichtung aufgebaut, um den Müsli-Produzenten das ganze Jahr über mit qualitativ hochwertigem Dinkel beliefern zu können.

Nur bedingt haben die Beteiligten Einfluss auf das Verbraucherverhalten. Die wenigen Biomilch-Abnehmer unter den heimischen Molkereien würden mangels Nachfrage schon seit Jahren keine neuen Lieferanten mehr annehmen, räumt Berger-Stöckl ein. Insgesamt sieht sie dennoch große Wachstumschancen im Bio-Segment. Das Verbraucher-Bewusstsein müsse eben weiter geschärft werden. Denn es sei nicht hinnehmbar, dass in Österreich Bio-Produkte 20 Prozent Marktanteil schaffen, während sie in Bayern nicht über fünf Prozent hinaus kämen.

Initiative setzt auf Industrie und Kantinen

Für den Landkreis Altötting sehen die Initiatoren von BN und BINT in dieser Sache gute Voraussetzungen. Nicht nur, weil die Industrie für hohe Kaufkraft sorgt. Sondern auch, weil in deren Kantinen enormes Potenzial stecke, wie BINT-Sprecher Toni Dingl findet. Annähernd 20000 Menschen würden tagtäglich über Kantinen verköstigt. Ein einziger Bio-Tag pro Woche könnte für hohe Nachfrage sorgen.

Die Kantinen ins Boot zu holen, ist nur eine Idee aus einer Sammlung, welche die Initiatoren aktuell zusammentragen. Im Januar soll das Konzept unter Federführung der Stadt Burghausen an die Staatsregierung gehen – mit der Hoffnung auf Berücksichtigung. Schließlich denken im Landkreis mittlerweile selbst einst scharfe Kritiker der Öko-Pläne um. So räumte im Kreistag zuletzt sogar Landrat Schneider ein, dass er ein solches Projekt zunehmend positiv sehe. "Jetzt glaube ich es auch schon fast", sagte er auf entsprechende Nachfrage der Grünen.

Eingangsbild: Bild von Richard Scheuerecker. 

Ein Bericht von Christoph Kleiner (Alt-Neuöttinger Anzeiger bzw. Passauer Neue Presse vom 01.12.2018).

Mangelnde Unterstützung für die Landwirtschaftsministerin

Marlene Berger-Stöckl ist traurig. Die Projektmanagerin der Ökomodellregion Waginger See / Rupertiwinkel hätte sich gewünscht, dass der erfolgreich beschrittene Weg mit allen zehn Gemeinden gemeinsam weitergegangen wird. Doch die drei Gemeinden des Berchtesgadener Landes steigen nach jetzigem Stand aus. Nicht sofort, aber in drei Jahren. Teisendorf und Laufen haben es bereits beschlossen. Saaldorf-Surheim wird noch vor Weihnachten darüber abstimmen. Die drei Gemeinden werden sich mehr zur Biosphärenregion Berchtesgadener Land hin orientieren. Die hat personell stark aufgestockt und will sich künftig ebenfalls dem Thema Ökolandbau widmen.

„Ich hätte mir gewünscht, dass es in diesem Rahmen weitergeht“, sagt Berger-Stöckl im Gespräch mit der Heimatzeitung, „es ist alles so gut angelaufen und die Vernetzung der beiden Landkreise war hervorragend.“ Von der Mitgliedschaft der drei Gemeinden hätten alle profitiert. Begeisterung für die Sache spricht aus ihr, wenn sie aufzählt, was in der kurzen Zeit alle gelungen ist und auf den Weg gebracht wurde, vom Biokäseprojekt bis zum Wirtenetzwerk, von den Bioerlebnistagen bis zur Vermarktung von Bioobst, Fleisch und Laufener Landweizen, von der Zusammenarbeit mit den Biodirektvermarktern, Bäckern, Surmühle und Dorfläden, Schlachthof, Kelterei und Gut Edermann, Naturschutzakademie Laufen und dem Lebensmitteleinzelhandel. Und das mit gerade mal 1,15 Personalstellen. „Wir könnten sofort drei Leute beschäftigen“, verdeutlicht sie den Umfang möglicher Arbeitsfelder. „Es wäre genügend Arbeit für beide da, für Biosphäre und ÖMR.“

In Sachen Biolandbau stehe die Biosphäre am Anfang, man habe also viele Aufgaben, um die Vernetzung von Erzeugern und Verarbeitern in den drei BGL-Gemeinden, wie es die Ökomodellregion vorlebt, in den übrigen Landkreis Berchtesgadener Land auszuweiten, und hier könnten die drei Gemeinden als wichtige Schnittstelle fungieren, meint sie. Auch der Tourismus könnte von einer Vernetzung profitieren. Mit ihren zehn Gemeinden habe die hiesige ÖMR genau die richtige Größe, ist Berger-Stöckl überzeugt, groß genug, um etwas auf den Weg zu bringen, aber so klein, um alle mitzunehmen und zu betreuen. „Wir sind Vorbild in ganz Bayern“, erklärt die Managerin nicht ohne Stolz. Sie lobt Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber, die sich gleich nach ihrem Amtsantritt für eine Verlängerung der ÖMR-Förderung eingesetzt habe. „Enttäuscht bin ich, dass der mutige Kurs der Ministerin und ihr persönlicher Einsatz für die Ökomodellregion ausgerechnet in diesen drei Gemeinden ihres Heimatwahlkreises keinen Widerhall mehr findet, während sich gleichzeitig 27 bayerische Regionen derzeit als Ökomodellregion bewerben und damit ein starkes Aufbruchssignal für den Kurs der Ministerin setzen. Die Ökomodellregion hat die Biosphärenregion seit dem Beitritt der drei Gemeinden inhaltlich voll unterstützt und ich hätte mir von der Biosphäre umgekehrt gewünscht, hier keine unnötige Konkurrenzsituation aufzubauen.“

„Im April war man sich in der Runde der Bürgermeister einig, gemeinsam weiter zu machen“, blickt Berger-Stöckl auf die Entwicklung, desgleichen in einer Vorstandssitzung im August. „Im September hatten wir noch mehrere gemeinsame Projekterfolge. Es war schon ein Schock, als es dann im Oktober hieß, wir übergeben das Thema jetzt an die Biosphäre.“ Eine konsequente Förderung des Ökolandbaus gehe über die Förderung von Regionalprodukten wie in der Biosphärenregion deutlich hinaus und sei am Abtsee als Vorsorgemaßnahme für den Gewässerschutz genauso wichtig wie am Waginger See. 

Ganz ähnlich äußert sich Kirchanschörings Bürgermeister Hans-Jörg Birner: „Es hat uns in dieser Form schon überrascht“, habe es doch im Vorfeld einen intensiven Austausch zwischen Ökomodellregion und Biosphäre gegeben. Der ÖMR-Vorsitzende berichtet, dass auch ein Sofortausstieg der drei BGL-Gemeinden im Raum gestanden habe. Diese Dreijahresfrist sei ein Kompromiss, mit dem beide Seiten leben könnten, „leben müssen“, schiebt er sofort hinterher.

„Es ist alles im Fluss, und Rahmenbedingungen ändern sich“, sagt Birner. Der Verlängerungsantrag für eine Förderung liege bereits in München. Gleichwohl müssen erst noch die sieben Traunsteiner Gemeinden über eine Fortführung entscheiden. „Wir warten zunächst ab, wie die drei BGL-Gemeinden entscheiden“, denn bei einem sofortigen Ausstieg hätte die Finanzierung neu geregelt werden müssen. Für die verbleibenden sieben Gemeinden ist Birner zuversichtlich, denn die Arbeit der ÖMR werde durchwegs als Erfolg gesehen. „Ziel ist eine dauerhafte Einrichtung“, betont der Vorsitzende, also über den Förderzeitraum hinaus. Die Beschlüsse aller Kommunen beträfen die drei Jahre des aktuellen Förderzeitraums. „Weitergehende Beschlüsse waren aktuell ohnehin nicht geplant“.

Was bedeutet der Ausstieg nun konkret? Zum Beispiel für den biozertifizierten Laufener Schlachthof? „Vernetzung und Vermarktung sind schon auf einem guten Weg“, antwortet Birner, „jetzt gilt es, sich mit der Biosphäre abzustimmen, damit kein Kompetenzproblem entsteht.“ Er rechnet mit einer „vernünftigen Lösung“.

Marlene Berger-Stöckl spricht von einem Rückschlag für die Traunsteiner Gemeinden, die ihren Kollegen im Nachbarlandkreis die Hand gereicht hatten. „Es ist nicht die Zeit, wieder Mauern zwischen den Landkreisen zu errichten.“ Hans-Jörg Birner nimmt es zumindest nach außen hin eher gelassen: „Ich sehe nicht so schwarz. In drei Jahren kann viel passieren.“

Ein Bericht von Hannes Höfer (Südostbayerische Rundschau vom 11.12.2018).

Laufen steigt aus der Ökomodellregion aus

Alle sprachen von einem Erfolgsmodell, und jeder Redner lobte das Erreichte. Und doch votierte am Ende eine Mehrheit im Laufener Stadtrat für einen Ausstieg aus der Ökomodellregion Waginger See – Rupertiwinkel. In drei Jahren wird Schluss sein. Ab nun will man verstärkt auf die Aktivitäten der Biosphärenregion Berchtesgadener Land setzen.

Die nunmehr zwölf bayerischen Ökomodellregionen (ÖMR) gehen auf eine Initiative des damaligen Landwirtschaftsministers Helmut Brunner zurück. Sein Ziel: Den Biolandbau in Bayern auf 20 Prozent erhöhen. Das ist zwar bislang nicht erreicht, aber es geht voran. Zehn Gemeinden sind Mitglied der Ökomodellregion Waginger See – Rupertiwinkel, drei davon gehören zum Landkreis Berchtesgadener Land: Teisendorf, Saaldorf-Surheim und Laufen.

Im Sommer war Sitzung kurzfristig abgesagt worden

Aufgefallen war, dass eine im Sommer anberaumte Sitzung der Ökomodellregion kurzerhand wieder abgesagt worden war. Gut informierte Kreise kolportieren schon damals, dass es hinter den Kulissen rumore und es Veränderung geben werde. „Vom Landratsamt ist Druck aufgebaut worden“, unterstellte Peter Schuster Vorgaben „von oben“. Tatsächlich hatten die drei Bürgermeister der BGL-Gemeinden in einer Vorstandssitzung am 29. Oktober erklärt, dass man nach Ablauf der staatlichen Förderung aus der ÖMR aussteigen werde. Die Rathaus-Chefs griffen damit ihren Räten vor.

„Eine sehr gute Arbeit“, attestierte Bürgermeister Hans Feil der ÖMR. „Wir sind sehr zufrieden“. Doch der Teufel stecke im Detail. In der Mitgliedschaft sowohl in der ÖMR als auch in der Biosphärenregion erkennt das Stadtoberhaupt eine gewisse „Verzettelung“ und einen „Abstimmungsaufwand“. Anders als bisher sehe sich die Biosphäre mit nun sieben Mitarbeitern in der Lage, auch den Bereich Ökolandbau abzudecken. Nicht zuletzt werde die Biosphäre vom Freistaat finanziert, während die Kosten für die ÖMR ab 2022 allein die Mitgliedsgemeinden zahlen. Für Laufen wären das rund 17000 Euro im Jahr.

„Ich war schockiert über die Nachricht vom geplanten Austritt“, gestand Georg Linner, ÖMR-Referent im Stadtrat. „Es ist eine Erfolgsgeschichte“, betonte auch der grünen-Stadtrat. In Laufen gebe es mit biozertifiziertem Schlachthof und dem Biosaft der Firma Greimel zwei „Leuchtturmprojekte“. Auch in den siebenseitigen Unterlagen zu diesem Tagesordnungspunkt reihte sich Maßnahme an Maßnahme, Projekt an Projekt, vom Biofleisch bis zum Laufener Landweizen, vom Streuobst bis zum Leindotter.

„Die Biosphäre hat dazu in ihren 28 Jahren kein einziges Projekt zustande gebracht“, verglich Linner. „Sie kann in den kommenden 3 Jahren beweisen, dass sie Öko kann und will“. Biosphäre und ÖMR schlössen sich keineswegs aus, meint Linner, der nicht verstehen mochte, weshalb man nun ein „erfolgreiches Modell“ verlassen wolle. Ein Modell, in dem die Gemeinden entscheiden, was geschieht, nicht der Staat. Biosphäre sei eher sphärisch und akademisch, während die ÖMR sehr konkret arbeite, erklärte Werner Eckl seine Sicht. Der Linken-Stadtrat fürchtet, aus etwas auszuscheiden, was das Neue nicht ersetzen kann, und plädierte für eine „österreichische Haltung“: „Des schaut ma se o“. Auch bei der ÖMR habe zunächst keiner gewusst, ob sich die Ziele erfüllen, hielt Feil erneut dagegen, und warnte davor, sich zwischen „alle Stühle“ zu setzen.

Voll des Lobes war auch Agnes Thanbichler: „Große Anerkennung für all das, was Marlene Berger-Stöckl geleistet hat.“ Gemeint war die Managerin der ÖMR. Allein der Begriff „Modell“ zeige, dass es ums Nachahmen gehe, so die ÖDP-Rätin weiter, die ebenfalls der Biosphäre attestierte, „jahrzehntelang nichts gemacht zu haben“. Doch dann die Wende ihrer Argumentation: „Aber warum nicht der Biosphäre die Chance geben?“ Vorsichtshalber fragte Thanbichler noch an, ob man für den Fall, dass die Biosphäre in den drei Jahren „nix zammbringt“, wieder bei der ÖMR „andocken“ könne.

Stadtrat kann jederzeit neu beschließen

„Der Stadtrat hat jedes Recht der Welt, neu zu beschließen“, beruhigte Feil, der sich für eine dreijährige Übergangszeit aussprach, also nicht „Knall auf Fall“ auszusteigen, um somit allen Beteiligten Planungssicherheit zu geben. „Biosphäre heißt Lebensraum“, machte Linner noch einmal deutlich, „wir sind ja schon dabei“. Man vergebe sich nichts, in beiden Strukturen zu bleiben und eventuell in zwei, drei Jahren neu zu entscheiden. Auch Peter Schuster sprach sich für einen Verbleib in der ÖMR aus, die Biosphäre sollen deren Knowhow übernehmen und zunächst etwas voranbringen.

Der weitestgehende Beschlussvorschlag lautete: „Die Stadt Laufen verlängert ihre Mitgliedschaft in der ÖMR bis zum 31. Dezember 2021 und scheidet danach aus.“

Dafür sprachen sich alle anwesenden Stadträte von CSU, FBL und ÖDP aus, insgesamt zehn. Die sechs Gegenstimmen von Grünen, Linken, SPD und ufb reichten nicht für einen Verbleib, Teisendorf hatte einen Tag vor Laufen den Ausstieg beschlossen.

Ein Bericht von Hannes Höfer (Südostbayerische Rundschau vom 07.12.2018).

Eingangsbild: Der Laufener Landweizen, eine alte regionale Getreidesorte, die bestens an die regionalen Vegetationsbedingungen angepasst ist, wird durch die Bemühungen der Ökomodellregion nun von mehreren Landwirten wieder angebaut, Bild von Anne Bogdanski. 

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